09.07.15

City-Speed-Dating: Fünf Städte in fünf Tagen (4/5)

Die Idee

Was bleibt von einer Stadt, wenn man sie nur kurz besucht? Welche Eindrücke, was sagt das Gefühl? - und kann ich das fotografisch festhalten? Das war das Thema meiner Fotoreise 2015, als ich auf einer Rundreise durch Deutschland 5 Städte für jeweils einen Tag besucht habe.

Speed-Dating mit 5 Städten: Tag 4 - Hannover

Gegen Mittag geht's weiter mit dem Regionalexpress nach Hannover. Keine leichte Sache, die Stadt einzuordnen. Ich versuche, zu spüren, was diese Stadt ausmacht und tue mich richtig schwer damit.

Auf dem Bahnsteig das Schild "Willkommen in der Messestadt Hannover". Vielleicht definiert sich die Stadt ja hierüber. Deshalb verbringe ich die nächsten Stunden auf dem Messe- und ehemaligen Expo-Gelände.

Gerade läuft eine Ideen-Expo für Kinder und Jugendliche, die extrem aufwändig beworben und ausgestattet ist. Scheint mir fast sinnbildlich zu sein für das Bemühen um Innovation, das auch die Expo 2000 kennzeichnete - die Weltausstellung, die mit einem finanziellen Fiasko für Bund und Land endete und deren verbliebene Ruinen ein Mahnmal sein könnten. Unbekümmert davon schwelt man auf den Internetseiten des Expo-Museums in Erinnerungen.

Das Internet verspricht in der Stadt architektonische Highlights wie die Nord-LB mit ihrem verschachtelten und verglasten Bau sowie dem Gehry-Tower. Heißt der wirklich so? - ich hätte ihn fast übersehen. Ok, hätte man in Wikipedia lesen können, dass es nur 9 Stockwerke sind. Wirkt auf mich in real kleiner als auf den Fotos im Internet.

Ja, was wird von Hannover bleiben? Der Supermarkt in Bahnhofsnähe hat bis 24 Uhr geöffnet - sehr praktisch. Punker mit Hunden und organisierte Bettelbanden wie überall, Läden wie überall. Heute ist Udo Lindenberg zur Generalprobe für seine Tour-Premiere in der Stadt, morgen in der TUI-Arena. Außerdem spielen hier öfters bekannte Bands, also kein Provinznest.

Auf dem Weg zum goldenen Leibniz-Keks einige wirklich sehr schöne Straßen und Häuser. Die Atmosphäre kann ich trotzdem noch immer nicht so richtig beschreiben. Vermutlich eine Stadt für den zweiten oder dritten Blick. Dazu wird es bei mir allerdings nicht kommen, weil mich auf den ersten Blick nichts wirklich fesselt.

Die Bausünden der 70er-Jahre sind hier deutlich zu sehen. Wie in Dortmund fällt mir hier die massenhafte Verwendung von roten Backsteinen in Fußgängerzonen und in U-Bahnhöfen auf, das erinnert mich irgendwie an die Schulen in meiner Jugend. In Erinnerung bleiben auch lange Rotphasen für Fußgänger.

"Die niedersächsische Landeshauptstadt ist nicht langweilig, sie pflegt nur feinere Reize." schreibt Ulrich Stock im Zeit-online-Artikel vom 01.02.2010 (www.zeit.de/2010/05/Staedte-Hannover). Einen zeit-online-Artikel scheint es zu den anderen Städten übrigens nicht zu geben - auch interessant. Bei gofeminin.de auf dem 4. Platz der Wohlfühlstädte Deutschlands. Und die Uni wirbt damit, dass man in Hannover hochdeutsch spricht! Nun ja.

Es gibt von vielem etwas, aber ein Profil der Stadt hat sich mir auf die Schnelle nicht erschlossen. Nach meiner Rückkehr lasse ich mir von einem Kollegen berichten, dass man in Hannover viel und gut feiern kann und dass es eine prima Musikszene gibt.

Vielleicht muss sich Hannover seiner zweifellos vorhandenen Pluspunkte erst noch bewusst werden, um für bleibende Eindrücke bei seinen Besuchern zu sorgen. Für mich sah es so aus, als versuche man, mit aller Macht auf den Messe-, Innovations- und Technikfaktor zu setzen. Insofern hat man an Fehlschlägen wie der Expo wohl auch länger zu knabbern.